Der Cantillon-Effekt beschreibt die ungleiche Verteilung der Auswirkungen von Geldmengenveränderungen, wobei besonders Vermögende und Finanzinstitute von neu geschöpftem Geld profitieren, während Geringverdiener durch die resultierende Inflation benachteiligt werden. Dies führt zu einer Vergrößerung der Kluft zwischen Arm und Reich, da Vermögende ihre Position durch Investitionen und Kredite ausbauen können, während Geringverdiener ihre Kaufkraft einbüßen.
Die Schere zwischen Arm und Reich, sie öffnet sich immer weiter. Ein Phänomen, das sich in vielen Ländern beobachten lässt und die Gemüter erhitzt. Doch was sind die Gründe dafür? Ein Blick auf den sogenannten Cantillon-Effekt kann helfen, die Dynamik hinter dieser Entwicklung besser zu verstehen.
Der Cantillon-Effekt, benannt nach dem französisch-irischen Ökonomen Richard Cantillon aus dem 18. Jahrhundert, beschreibt die ungleiche Auswirkung von Veränderungen der Geldmenge auf verschiedene Teile der Wirtschaft. Vereinfacht gesagt, profitieren diejenigen, die näher an der "Geldquelle" sitzen, überproportional von einer Ausweitung der Geldmenge. Wie der „FOCUS“ in einem Editorial schreibt, sind es insbesondere der Bankensektor und große Unternehmen, die als erste von neu geschöpftem Geld profitieren.
Stellen Sie sich vor, die Zentralbank pumpt frisches Geld in die Wirtschaft. Dieses Geld fließt zunächst an Banken und Finanzinstitute. Diese können die zusätzlichen Mittel nun nutzen, um Kredite zu vergeben oder in Vermögenswerte zu investieren. Da die Preise noch nicht auf die erhöhte Geldmenge reagiert haben, profitieren diese Akteure von günstigeren Konditionen.
Doch diese erste Phase ist nur von kurzer Dauer. Das neu geschöpfte Geld verteilt sich nach und nach in der gesamten Wirtschaft. Die Folge: Die Preise für Güter und Dienstleistungen steigen – es kommt zur Inflation.
Doch nicht alle Wirtschaftsteilnehmer sind von der Inflation gleichermaßen betroffen. Wie der US-Ökonom Jonathan Newman in seinem Aufsatz "How Monetary Expansion Creates Income and Wealth Inequality" beschreibt, profitieren einkommensstarke Haushalte überproportional von der Ausweitung der Geldmenge. Sie können sich durch ihre bessere Bonität leichter Kredite sichern und frühzeitig in Sachwerte wie Immobilien oder Aktien investieren, die von der Inflation profitieren. Geringverdiener hingegen haben oft nicht die Möglichkeit, sich durch solche Investitionen vor der Inflation zu schützen.
Dieser Mechanismus führt dazu, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter öffnet. Diejenigen, die bereits über Vermögen verfügen, profitieren von steigenden Aktienkursen und Immobilienpreisen. Geringverdiener hingegen sehen ihre Kaufkraft durch die Inflation dahinschmelzen und haben kaum Möglichkeiten, an diesem Vermögenszuwachs zu partizipieren.
Der Cantillon-Effekt ist somit ein wichtiger Faktor, der zur wachsenden Vermögensungleichheit beiträgt. Die ungleiche Verteilung der Vorteile aus der Geldpolitik führt zu einer Umverteilung von unten nach oben, die die soziale Ungleichheit weiter verschärft.
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