Soziale Medien werden von Bots überflutet, die Fehlinformationen verbreiten und das Vertrauen untergraben. Zentralisierte Gegenmaßnahmen wie KI-Moderation und Bezahlschranken greifen zu kurz, daher wird Dezentralisierung als Lösung diskutiert, obwohl auch hier Herausforderungen wie Manipulation bestehen. Dezentrale Plattformen bieten mehr Nutzerkontrolle und Transparenz, benötigen aber Strategien gegen Missbrauch.
Bots überschwemmen die sozialen Medien, verfälschen Interaktionsmetriken, verbreiten Fehlinformationen und untergraben das Vertrauen in Online-Kommunikation. Wie Cointelegraph berichtet, erreichte der Anteil des Bot-Traffics 2024 seinen Höchststand, ein Anstieg von 2% im Vergleich zum Vorjahr, laut dem Imperva Bad Bot Report 2024. Diese Bot-Plage verwüstet das Internet und Persönlichkeiten wie Binance CEO Changpeng Zhao fordern Maßnahmen wie ein Bot-Verbot auf X, ebenfalls berichtet von Cointelegraph.
Von künstlich aufgeblähten Engagement-Zahlen bis hin zu orchestrierten Betrugsmaschen übertönen Bots zunehmend echte menschliche Interaktionen – und das in einer Zeit, in der unser Leben immer stärker online stattfindet. Plattformbetreiber setzen zwar KI-Moderation und Bezahlschranken ein, um Bot-Aktivitäten einzudämmen, doch diese Lösungen packen das Problem nicht an der Wurzel. Moderationstools arbeiten oft intransparent – sie kennzeichnen fälschlicherweise legitime Inhalte, ohne den Nutzern eine Erklärung zu liefern. Nutzer müssen oft auch persönliche Daten preisgeben, um zu beweisen, dass sie keine Bots sind, was Datenschutzbedenken aufwirft und die Teilnahme erschwert.
Die Auswirkungen der Bot-Flut reichen weit über soziale Medien hinaus. Unternehmen, die in digitales Marketing investieren, sehen ihre Budgets durch gefälschtes Engagement verschwendet. Konkurrenten könnten sogar Bots einsetzen, um die Gelder ihrer Wettbewerber durch künstlich generierte Impressionen zu verbrennen – ein Phänomen, das in der digitalen Werbung bereits Realität ist. Das Vertrauen in Online-Interaktionen schwindet, was es authentischen Schöpfern und Unternehmen erschwert, Glaubwürdigkeit aufzubauen. Auch die Nutzererfahrung leidet. Wenn automatisierter Lärm sinnvolle Diskussionen erstickt, könnten Nutzer soziale Medien dauerhaft verlassen. Aus all diesen und weiteren Gründen muss das Bot-Problem ein für alle Mal gelöst werden.
Zentralisierte Moderationsstrategien der Social-Media-Giganten bekämpfen das Bot-Problem seit Längerem. KI-basierte Erkennungssysteme bilden die erste Verteidigungslinie. Sie sind jedoch nicht fehlerfrei. Bots werden immer raffinierter und umgehen Sicherheitsvorkehrungen, indem sie menschliches Verhalten imitieren. Falsch positive Ergebnisse führen zudem zu ungerechtfertigten Einschränkungen für echte Nutzer.
Eine weitere gängige Taktik sind Bezahlschranken, wie die Verifizierungsgebühren von X, bei denen Nutzer für die Authentifizierung bezahlen. Dies erhöht zwar die Hürde für Bot-Betreiber, schafft aber ein Zwei-Klassen-System, das zahlungsunwillige oder -unfähige Nutzer benachteiligt. Gut finanzierte Bot-Farmen lassen sich von solchen Kosten kaum abschrecken. Obwohl gut gemeint, verfehlen diese Maßnahmen oft das Ziel, Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit in Einklang zu bringen.
Dezentrale soziale Netzwerke bieten eine Alternative. Durch die Verteilung der Kontrolle und die Nutzung offener Protokolle können dezentrale Plattformen die Macht von Bot-Betreibern einschränken und gleichzeitig Transparenz und Nutzerkontrolle verbessern. Wie Audrey Tang in einem WIRED-Artikel ausführt, ermöglichen dezentrale Social-Networking-Protokolle den nahtlosen Fluss von Inhalten zwischen verschiedenen Social-Media-Plattformen. Dies ermöglicht es Nutzern, Konten zu folgen und Beiträge in anderen sozialen Netzwerken zu veröffentlichen. Beispiele für solche dezentralen Plattformen sind Mastodon, Wordpress und Bluesky, welches, wie WIRED berichtet, von Twitter-Gründer Jack Dorsey finanziert wurde.
Mike Masnick von Techdirt argumentiert, dass dezentrale soziale Medien durch Elon Musks Twitter-Übernahme neuen Auftrieb erhalten haben. Er betont die Notwendigkeit weiterer Experimente und unterstreicht, dass verschiedene dezentrale Systeme wie ActivityPub (Mastodon, Threads usw.), Nostr, Farcaster, Lens und DSNP nicht als Konkurrenten, sondern als einzigartige Experimente betrachtet werden sollten, um den wahren Wert zu ermitteln.
Dezentralisierung allein ist jedoch kein Allheilmittel. Wie Andrew Leber und Alexei Abrahams in einem Memo des Project on Middle East Political Science hervorheben, können manipulative Taktiken auch in dezentralen Umgebungen eingesetzt werden. Sie klassifizieren die bestehende Literatur zu sozialen Medien im Nahen Osten und Nordafrika in drei große Manipulationstrends: „Unauthentizität“, „Ungleichheit“ und „Unsicherheit“. Sie betonen, dass staatliche Akteure zwar alle drei Interventionsformen durchführen, dies aber auch regimefreundliche dezentrale Akteure tun, die zwar Produkte einer staatlich kuratierten Informationsumgebung sind, aber scheinbar etwas unabhängig vom staatlichen Kommando agieren.
Dezentralisierung birgt das Potenzial für ein demokratischeres Internet, in dem Nutzer mehr Kontrolle über ihre Daten und Online-Erfahrungen haben. Es ist jedoch wichtig, die Herausforderungen zu erkennen und Strategien zu entwickeln, um Manipulation und Missbrauch in dezentralen Umgebungen zu bekämpfen.
Quellen: